Von der Ordnung des Sehens

Überlegungen zur Kunst von Lydia Wassner-Hauser

Elisabeth Mayr-Kern

 

Was sagt ein Atelier über die Kunst aus, die innerhalb ihrer Wände entsteht? Wirkt der Raum auf die Kunst, die Kunst auf den Raum – oder hat das eine nichts mit dem anderen zu tun?

 

Fragen, die man sich unweigerlich stellt, wenn man das Atelier von Lydia Wassner-Hauser im Forsthaus Sattl in Nußbach betritt. Allein die Lage des Hauses ist faszinierend: mitten in der Landschaft, oberhalb der Nebelgrenze, mit freiem Blick in das Land hinein. Wie es der Name schon sagt: ein altes Gebäude, mit viel Geschmack und Liebe zum Detail renoviert.

 

Gibt es einen Zusammenhang zur Kunst, die darin entsteht? Ist Kunst an den Ort ihres Entstehens gebunden? Es ist schwer, diese Frage eindeutig zu beantworten. Klar scheint, dass Lydia Wassner-Hauser im Forsthaus Sattl einen einzigartigen Ort der Inspiration entdeckt hat. Weitläufig, offen, mit Blickachsen in alle Himmelsrichtungen.

 

Um zum Atelier zu gelangen, muss man durch einen Eingang, der erst im Zuge der Renovierung des Hauses freigelegt wurde. Frühere Besitzer hatten ihn zugemauert. Ein guter Hinweis darauf, dass Kunst immer auch mit Entdeckungsreisen zu tun hat. Manchmal führt der Weg auch durch verborgene Türen.

 

Die Arbeiten von Lydia Wassner-Hauser, die zuletzt in einer Ausstellung im Lebzelterhaus Vöcklabruck zu sehen waren, laden zum Sehen ein. Landschaftsbilder, die den Blick auf das Wesentliche lenken. Ohne unnötigen Ballast, ein Meer an Farben. Immer wieder ist der Attersee Thema. Die unergründliche Weite und Tiefe des Wassers, der Blick vom Ufer Richtung Horizont, das alles spiegelt sich in den Arbeiten von Lydia Wassner-Hauser. Sie selbst nennt es „die Fülle der Leere“.

 

Lydia Wassner-Hauser, die an der Linzer Kunstuniversität studiert hat, ist eine wandelfähige Künstlerin. Sie beschränkt sich nicht auf die farbigen Ölmalereien. Bekannt ist sie auch durch ihre Glaskunst, die sie in Zusammenarbeit mit der Glasmalerei des Stiftes Schlierbach umsetzt. Landesweit hat sie bereits einige Gedenkorte für „Sternenkinder“ umgesetzt. Projekte zum Besinnen und Innehalten. Eine dritte Facette ihrer Arbeit: Holz- und Linolschnitte. Klare Konturen treten hier an Stelle der Farbwelten, beeindruckend in der Kraft des Ausdrucks.

 

Kunst kann dazu beitragen, Ordnung in unser Sehen zu bringen, Inspiration für unsere Wahrnehmung der Welt zu sein. In den Arbeiten von Lydia Wassner-Hauser finden sich dafür viele Anknüpfungspunkte. Sie laden ein, sich auf das Wesentliche zu fokussieren und den Gedanken Raum zu geben.