Korrektur:  ausschließlich Ölmalerei, nicht Acrylmalerei




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Lydia Wassner-Hauser &Thomas Paster „LICHTRAUM“

Linz AG - Kunstforum, 9. April 2019 

 

 

Einfach schön, dachte ich, während ich die Bilder betrachtete: die Farben, die Lichtstimmungen, die Atmosphäre. Einfach schöne Kunst! 

Aber darf man den Begriff „schön“ in der Kunst heute überhaupt noch verwenden ohne Künstler damit vor den Kopf zu stoßen? Setzte man in der Moderne nicht alles daran sich von Aussagen wie diesen zu distanzieren? Kunst solle verstören, aufbegehren, sich gegen jeden Anschein von Harmonie stellen. Denn all zu leicht könne Kunst ansonsten in den Verdacht geraten, sie sei hübsch, sei dekorativ und damit Kitsch. 

Aber über eines sollten wir uns dabei im Klaren sein: auch Verstörendes und Aufbegehrendes wird irgendwann langweilig und leer, wenn es sich dauernd wiederholt. Ist die Zeit also wieder reif für das Schönein der Kunst? Der britische Schriftsteller und Philosoph Roger Scruton meinte in der BBC-Dokumentation „Why Beauty in Art Matters“, sinngemäß: „KunstwerkeVOR der Moderne haben eine Menge zu bieten. Unter anderem Schönheit, Menschlichkeit und die Pflege der Seele. Und es sei geradedas Schöne, das in der Kunst des 20. Jahrhunderts in großem Maße verloren gegangen sei.“[1] 

Schönheitdürfen wir allerdings in diesem Fall nicht mit Geschmack verwechseln, denn der ist bekanntlich Geschmacksache. Es geht hier also nicht um persönliche Vorlieben, sondern um allgemein gültige Standards, die es wieder zu entdecken gilt. Und wo ließen sich jene besser begreifen, als in der Kunst und durch Kunst? Denn für Schönheit, so macht Kunst deutlich, müssen wir uns weder abstrampeln noch kasteien. Schönheit, vermittelt uns die Kunst, ist ein Gefühl das sich beim Betrachter einstellt, unabhängig vom Dargestellten. Schönheit muss auch nicht erklärt werden, denn sie erfüllt keinen äußeren Zweck. Es reicht, wenn wir lernen sie wieder wahrzunehmen und zu empfinden. Punkt! 

Betrachten wir also unter jenem Aspekt die Arbeiten von Lydia Wassner-Hauser und Thomas Paster: Wie wohltuend deren Malerei. Keiner der beiden will einen Zeitgeschmack bedienen, will etwas vortäuschen. Nein, ihre Kunst ist was sie ist: ehrlich und unaffektiert. Einfach schöne Kunst. Und wer nach Gemeinsamkeiten in den Arbeiten der beiden sucht, wird genau hier fündig. 

Lydia Wassner-Hauser arbeitet in unterschiedlichen künstlerischen Techniken. Malerei, Hochdruck und Glaskunst stehen bei ihr nicht nur ebenbürtig nebeneinander, sie greifen auch deutlich sichtbar ineinander. Meist ist die Malerei Ausgangspunkt für die beiden anderen Techniken. Die dafür angefertigten Skizzen setzt sie dann auf der Leinwand mit Eitempera oder Ölfarbe entsprechend um. Häufig finden sich in ihren Bildern lineare Abgrenzungen der Formen. Ein Motiv, das an Künstler der Kunstvereinigung „die Brücke“ Anfang des 20. Jahrhunderts erinnert, wie etwa Karl Schmidt-Rottluff oder Erich Heckel.

Auffallend ist zudem eine stark alternierende Farbigkeit in ihrer Malerei. Wenn auch meist unbewusst ändert Lydia Wassner-Hauser ihre Farbpalette mit dem Jahreskreislauf. Kräftige, nahezu reine Farben tauchen in den „Sommerbildern“ auf: Selbstbewusst setzt sie hier ein sattes Rot neben ein komplementäres Grün, variiert mit unterschiedlichen Blautönen und bringt Gelb im wahrsten Sinne des Wortes zum Strahlen. Dem gegenüber steht eine tonige Farbigkeit während der kühleren Jahreshälfte: Milchig erscheint nun das Blau und pastelliges Gelb schmiegt sich an gedämpftes Rosa und zartes Ocker. Wie sehr bei ihr die Techniken des Holz- und Linolschnittes in die Malerei einfließen zeigt sich überall dort, wo sie flächig angelegte Farbfelder mit einer akkuraten Kantenführung schließt. Hier treffen Farben und Formen ohne Übergang aufeinander und implizieren damit bereits die Drucktechniken. Jene reduziert sie gänzlich auf Schwarz-Weiß, sodass diese im größtmöglichen Kontrast zur Farbe der Malerei stehen. Die zentralen Motive beider Techniken sind Architektur und Landschaft. Da sie oft seriell an einem Thema arbeitet, variiert deren Ausführung stark: Von malerisch fließend, bis zur streng geometrischen Abstraktion. 

1976 in Wels in OÖ. geborene und in Kremsmünster aufgewachsene, brach Lydia Wassner-Hauser kurz vor der Matura das Gymnasium ab, um sich für das Studium der Malerei und Graphik an der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz einzuschreiben. Seit dem Jahr 2000 ist sie nun als freischaffende Künstlerin tätig. Heute lebt und arbeitet sie in Nußbach in Oberösterreich. 

Neben den künstlerischen Techniken der Malerei und des Hochdrucks, findet sich in Lydia Wassner-Hausers Vita auch die Glaskunst. Dabei handelte es sich meist um Auftragsarbeiten mit sakralen Themen. Immaterielles Licht sichtbar machen und positive Schwingungen beim Betrachter erzeugen, sind Intentionen, die für sie jedoch nicht ausschließlich auf jene Technik begrenzt sind. „Ich will in meinen Bildern ein inneres Leuchtenzum Ausdruck bringen“, formulierte sie es im Gespräch. „Mich interessiert auch die geistig-spirituelle Ebene“. Und wie könnte dies besser umgesetzt werden, als sich dem Licht in der Darstellung zu verpflichten. Denn Licht erzeugt nicht nur Kontrast und Räumlichkeit, sondern schafft auch Atmosphäre. Bereits im Mittelalter kam deshalb dem Licht in der Malerei größte Bedeutung zu, obgleich weder Lichtquelle noch Schatten in den Darstellungen wiedergegeben wurden. Vielmehr symbolisierten die Farben selbst das Licht. Hier stand beispielsweise Gold für das himmlische, also das göttliche Licht. Im Barock waren es dann starke hell dunkel Kontraste, die dramatisch, inszenierte  Lichtstimmungen erzeugten. Und die Impressionisten schufen mit ihren lichtdurchwirkten Naturdarstellungen unvergleichliche Farbklänge. Heute entwerfen Künstler, wie Olafur Eliasson, raumgreifenden Lichtinstallationen und inszenieren damit illusionistische Lichträume.   

Auch für Thomas Paster ist Licht in der Malerei mehr als nur Wiedergabe von Helligkeit. Für ihn ist Farbmalerei gleich Lichtmalerei, denn physikalisch gesehen entstammt die Farbe dem Licht, weshalb Licht wiederum nur mit Farbe dargestellt werden kann. Dies führt ihn über die Gesetze des Sehens und die Mechanismen der visuellen Wahrnehmung zum bewussten Ausloten von Farbe, Licht und Raum. Als Darstellungsform wählt er dafür eine Mischung aus Realismus und pointilistischer Abstraktion. Besonders deutlich wird dies in seinen jüngeren  Arbeiten. Im Bild Ausblicketwa hinterfragt er unsere Sehgewohnheiten. Indem er Farbe und Struktur von Personen und Objekten nahezu vereinheitlicht, erlaubt er uns bereits Bekanntes nicht nur neu zu sehen, sondern auch neu zu interpretieren. Dem folgt die Frage: Nehmen wir alle tatsächlich das Gleiche wahr oder gibt es so etwas wie individuelles Sehen? 

Die Wahl seiner Motive erfolgt ganz bewusst immer auch im Hinblick auf das Licht. In Te Kouma oder Pelorus, beide übrigens in Neuseeland entstanden, malt er jeweils reflektiertes Licht der Wasseroberflächen. Während er aber bei Te Koumadie umliegende Landschaft und die Spiegelungen im Wasser zu einer harmonischen Einheit verschmelzen lässt, zeigt er in Peloruskonträre und damit raumschaffende Licht- und Schattenwirkungen. Trotz vermeintlichem Realismus verbirgt sich bei genauerer Betrachtung aber auch hier eine illusionistische Darstellungsform. Thomas Pasters Art und Weise der Wiedergabe von Gesehenem deckt sich damit mit der Malweise der Impressionisten. Diese beobachteten, dass sich Gegenstände unter wechselnden Lichtverhältnissen zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten farblich verändern. Damit stellten sie die vorherrschende Meinung einer allgemeingültigen Lokalfarbigkeit infrage. Thomas Paster geht in seinen Bildern noch einen Schritt weiter und hinterfragt nicht nur unsere Wahrnehmung bezüglich Farbe, sondern auch im Hinblick auf die Materialität von Objekten. In den „Granit- und Wasserbildern“ Tiefe Wandund Resilackevermittelt er mithilfe von Farbe und Pinselduktus, trotz der Kontraste von hartem Gestein und bewegter Wasseroberfläche, Einheitlichkeit. Jener harmonische Gleichklang in der Darstellung führt mitunter dazu, dass wir als Betrachter, selbst in tatsächlich abstrakten Bildern wie Orange-Blueoder Türkis-Rot, Landschaften, Wasser oder zumindest Lichtstimmungen zu erkennen glauben. Genannte Arbeiten sind zudem nicht nur beispielgebend für das Thema Licht in der Malerei, sie zeigen auch Pasters prozesshaften Umgang mit der Farbe an sich: Ein Spiel mit Komplementärkontrasten, Kalt-Warm-Kontrasten oder dem Qualitätskontrast. Seine Art der Malerei entwickelt sich damit immer mehr zu einer Malerei der Farbe und infolge zu einer Malerei des Lichts.  

Geboren und aufgewachsen ist er in Peilstein im Mühlviertel. Nach dem Abschluss seiner Ausbildung an der HTL für Grafik & Design in Linz, arbeitet er im Bereich Malerei, Illustration, Karikatur und Design. Seine Bilder waren bereits in Ausstellungen in Österreich, der Schweiz, Frankreich und Neuseeland zu sehen. 

Wenn wir Gesehenes abschließend noch einmal reflektieren, so stellen wir fest: Licht vermittelt Stimmungen, erzeugt unterschiedliche Farbigkeit, kann mysteriös, still, laut, unwirtlich oder kalt wirken. Es kann als harter Kontrast oder in Form von Unschärfe wiedergegeben werden. Licht und Malerei, Licht und Farbe bilden letztlich eine Einheit und waren über Jahrhunderte hinweg zudem auch Instanz des Schönen in der Kunst. Ja, durch sie verkörperten die Maler das Schöne selbst. Aber seltsamerweise will man heute davon nichts mehr wissen. Und all jene, die dennoch nach dem Schönenin der Kunst Ausschau halten, gelten als nicht zeitgemäß. Ich erlaube mir also den Luxus nicht zeitgemäß zu sein und denke deshalb erneut beim Anblick der Bilder von Wassner-Hauser und Paster: Einfach schöne Kunst! 

 

Lydia Altmann, Kunsthistorikerin



[1] Roger Scruton, Why Beauty in Art Matters (Warum Schönheit in der Kunst unverzichtbar ist), eineBBC-Dokumentation2009https://topdocumentaryfilms.com/why-beauty-matters, Abruf 23. März 2019. 


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